www.märchen-kreativ.at

Kreatives Herstellen von Märchenspielen und Märchenbüchern

Institution
Volksschule Mörbisch
ProjektleiterIn
Luise Feiler
Kategorie
Kategorie 1: Volksschulen
Gruppengröße
50

1. Projektbeschreibung (Ziele, Ablauf, Schwerpunkte)

Kurzbeschreibung
Sept.15: 3 Lehrerinnen der Schule planen ein kreatives Märchen-Leseprojekt. Die Aufgaben: Märchen lesen und auflisten, Titel der Märchen auf Ungarisch und Englisch übersetzen, ein Märchen als Referat ausarbeiten, ein anderes den Erstklässlern vorlesen, Märchen-Lernspiele für die 1. Klasse herstellen sowie Märchen-Lesehefterl auf Deutsch und mit Schwerpunkt Ungarisch kreativ gestalten. Doch aller Anfang ist schwer. Die Erwartungen der Pädagoginnen sind hoch, nur spielen die Kinder nicht mit. Statt sich in Märchenbücher zu vergraben und der Phantasie freien Lauf zu lassen, stürzen sie sich auf den PC: „Probieren wir´s doch mit www.märchen-kreativ.at. Im Internet findet man alles! Das brauchen wir nur downloaden!“ Sofort wird diese Website am PC eingetippt. Die Enttäuschung ist groß, denn sie finden keine fertigen Bücher! Die Klassenlehrerin ist verzweifelt. Nach einer Stunde bricht sie die Arbeit ab. Mit den anderen Kolleginnen wird die Misere besprochen. Eine Woche drauf startet das Leseprojekt neu. Es gibt nun die ersten Wochen keine PCs, kein Internet - nur Literatur, und sie lassen den Kindern viel Zeit, um sich einzulesen. Es dauert, bis jeder SEIN Märchen findet, doch dann geht´s los: Die Liste der gelesenen Märchen wird immer länger, die Kids immer kreativer. Es entstehen Würfelspiele, Rätsel, Memorys und Auftragskärtchen. Eine Herausforderung bildet die Gestaltung des Märchenbuches. Beim Bau des ungarischen Lesehefterls hilft die Ungarischlehrerin, alle weiteren schaffen die Kinder (mit den Flüchtlingskindern) alleine. Beim Vorlesen vor den Erstklässlern ist die Nervosität groß. Nur nicht stottern, denn wer will sich schon blamieren?! Beim Vorstellen der Märchen-Lernspiele steht aber dann der Spaß im Vordergrund!

2. Dauer/Umfang und ProjektteilnehmerInnen

Beginn des Projektes
7. September 2015
Ende des Projektes
31. März 2016
In welcher Frequenz lief/läuft das Projekt?
wöchentlich
Anzahl Kinder
50
davon Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch
17
Alter
10
Schulstufen
1.-4. Kl
Extern eingebundene Personen
Eltern als Märchenvorleser, Native Speaker als Märchenerzähler für ungarische Märchen, Dolmetscher, damit auch die irakischen Kinder die Märchen verstehen, Vorschüler als Zuhörer bei den Märchenerzählungen Eltern bei der Beschaffung der Kostüme und Accessoires für die Referate sowie der Elternverein bei der Abschluss - Theateraufführung.
Partnerorganisation und Ansprechpartner

3. Inhaltliche Kriterien zur Projekterfüllung

Wie werden Lesekompetenz oder ihre Voraussetzungen durch das Projekt nachhaltig und messbar verbessert?
Die Lesekompetenz steigt durch das Lesen und die Lesemotivation steigt durch das Interesse, durch die Freude und die Neugier etwas Schönes aus Texten zu erfahren. Die Lesemotivation steigt auch mit dem Übertragen von Aufgaben. Die Tatsache einem jüngeren Kind etwas vorlesen zu dürfen setzt voraus, dass man den Text sehr gut beherrscht, denn jeder möchte vor einem jüngeren Kind als Leseprofi dastehen. Außerdem setzt das Produzieren eines Lernspieles mit gezielten Fragen zum Text voraus, dass man den Inhalt verstanden hat. Lernspiele herzustellen ist eine sehr herausfordernde Arbeit und nur die geschicktesten und besten Leser können hier mitmachen. Glauben Sie mir- der Ehrgeiz wuchs mit der Aufgabe! Jede/r wollte ein Lernspiel mit einfachen Fragen zum Märcheninhalt herstellen . Jeder einzelne wollte zeigen, dass er geschickt ist, und die gestellte Aufgabe bewältigen kann. Ein jedes Kind hat dann in der 1. Klasse SEIN selbstgemachtes Spiel präsentiert! So kann vorausgesetzt werden, dass tatsächlich Lesearbeit stattgefunden hat. Messbar ist dies kaum, denn Freude, Enthusiasmus und Engagement bzw. der Ehrgeiz etwas Nützliches herzustellen, sind nicht messbar, tragen aber zur Lesemotivation viel mehr bei, als alles Punktesammeln und Überprüfungen von Ergebnissen .
Wie geht das Projekt auf Kinder mit Leseproblemen ein?
Es wurden so viele verschiedene Märchenbücher in diversen Schwierigkeitsstufen angekauft und dargeboten, dass für jedes Kind passendes Lesematerial dabei war. Die Auswahl wurde den Kindern überlassen. Es stand ihnen auch frei, alleine oder mit einem Partner oder mit einer Lehrerin lesen zu dürfen. Dadurch, dass Kinder mit Leseproblemen einige Märchen durch die Erzählungen schon kannten, wurden schwierige Wörter im Text schon ganzheitlich erfasst und gelesen. Kindern mit Leseproblemen hilft es auch sehr, kurze Texte auswendig zu lernen. Bei den selbstgebastelten Büchern war dies ganz einfach und durch mehrmaliges Lesen einer Seite konnte man sie bald auswendig. Dies steigerte wieder das Selbstwertgefühl der „leseschwachen“ Kinder-denn beim Vorlesen vor "den Kleinen" wurde der Text fließend vorgetragen. Die Erstklässler wussten ja nicht, wie oft man vorher die Sätze lesen, bzw. üben musste, bis man sie „ fließend“ lesen konnte. Sie staunten nur, wie gut „die Großen“ lesen können und diese Wertschätzung und Bewunderung seitens der Erstklässler brachte den schwachen Lesern der 3. und 4. Klasse mehr als jedes Lob der Lehrerin! DAS wiederum gibt den Ansporn weiterzumachen.
Was sind die Besonderheiten des Projektes?
Das Besondere am Projekt ist, was die Kinder daraus gemacht haben. Sie sind in IHREM Märchen „aufgegangen“, haben Plakate gestaltet, sind bei den Spielen so richtig kreativ geworden, haben Rätsel und Frage-Antwortspiele gemacht, Auftragskärtchen gebastelt, sich mit dem Text in 3 Sprachen ( ! ) beschäftigt und kleine Büchlein hergestellt. Die selbst gemachten Lernspiele sind „beweglich“, das heißt sie können in jeder Klasse jederzeit zum Einsatz kommen. Auch im Nachmittagsunterricht sind die Spiele und die selbst gemachten Märchen-Lesehefterl sehr gefragt, weil sie einfach und schnell zu lesen sind. Die Gestaltung der Lesehefterl forderte die Kinder ungemein! Sie arbeiteten dabei in Gruppen oder alleine, wie sie wollten. Die wichtigsten Texte und Wörter aus dem gewählten Märchen herauszufiltern und aufzuschreiben war gar nicht so einfach. Umso größer war der Stolz als sie dann das fertige Märchenbüchlein präsentieren konnten! Auch bei den Büchern wurde differenziert: Nämlich bei den selbst gemachten Märchenbüchern mit Thema: " 1001 Nacht " wurden nur Bilder und Sätze mit max. 4 Wörtern verwendet. ( z.B: Das ist Aladin. Das ist der Palast. Das ist die Flasche. usw. ) So können die Texte von den Flüchtlingskindern leicht gelesen werden. Was auch sehr nett ist: Die Kinder der 1.Klasse werden dann im Juni genau diese Texte aus 1001 Nacht den Vorschülern im Kindergarten vorlesen. Dann können sie zeigen, wie gut sie schon lesen können!
Eingesetzte Medien
In erster Linie wurde der Schwerpunkt auf Sprache und Lektüre gelegt. Die Kinder kennen so viele Märchen aus dem Kino. Nur leider haben diese Verfilmungen mit den richtigen Märchen nicht mehr viel zu tun….... ( vgl. Kinofilm 2010: „Rapunzel- Neu verföhnt“ ). Was sie nicht kennen, ist das schöne Gefühl in eine Phantasiewelt einzutauchen, die sich im Kopf abspielt. Still dasitzen und einem Erzähler einfach nur zuhören –das war für manche Kinder etwas vollständig Neues. Und genau das haben wir ihnen gezeigt und vermittelt. Immer wieder und immer wieder… Natürlich war auch der PC im Einsatz um die Texte für die Bücher und Auftragskärtchen zu schreiben. Das Internet wurde gebraucht um passendes Bildmaterial zu finden. Wie gesagt-hauptsächlich wurde in deutschen, englischen und ungarischen Märchenbüchern gelesen. Die TV Märchen auf DVD haben wir mit Absicht vernachlässigt. Die Ausnahme waren drei Märchen aus 1001 Nacht. Diese wurden zuerst den irakischen Kindern daheim von Dolmetschern erzählt, dann auf DVD in der Klasse angesehen, um die Arbeit mit den Flüchtlingen zu erleichtern. So konnten sie einfach in die Lesearbeit involviert werden. Wie sehr sie sich über ihr erstes, eigenes, selbstgemachtes Buch gefreut haben, sieht man auf dem hochgeladenen Foto.
Wie garantiert das Projekt, dass alle teilnehmenden Kinder tatsächlich viel lesen?
Sie lesen, weil ihnen die Märchen gefallen, weil ihnen daheim keiner Märchen erzählt und weil sie einfach wissen wollen wie sie ausgehen. Märchen sind spannend, brutal, lieb, lustig, traurig, gemein, böse,... sie faszinieren einfach. Außerdem kann man zu Texten nur dann Fragen formulieren, wenn man den Inhalt gelesen und verstanden hat. Die Projektarbeit fand ausschließlich in der Schule statt, so konnte auch ausgeschlossen werden, dass Kindern daheim Texte vorgelesen und Fragen vorformuliert werden. Kein Kind wollte sich vor einem Erstklässler blamieren, daher war es selbstverständlich, den Text fließend lesen zu können-und das setzt natürlich Übung voraus. Unsere beiden irakischen Kinder können die selbstgemachten Bücher auch schon lesen! Die Freude darüber ist grenzenlos und das Ziel, auch sie zum Lesen zu bringen somit erreicht.
Wie wird das Projekt abgeschlossen und evaluiert?
Von Anfang an, war es wichtig miteinander zu kooperieren und Erfahrungen untereinander auszutauschen. Erfolge und Schwierigkeiten wurden gemeinsam reflektiert und dokumentiert. Die Erkenntnisse aus der Projektarbeit wurden dann auch den anderen Kolleginnen der Schule weitergegeben. Wertschätzung ist sehr wichtig für die Identifikation und weitere Motivation und daher werden die Projektergebnisse, die Plakate, Spiele und Bücher im Rahmen einer Abschlussveranstaltung in der kommenden Woche den Eltern, Freunden und Mitgliedern des Elternvereins präsentiert. Im Zuge dessen, werden den Zuschauern auch zwei Märchen als Theaterspiel vorgeführt. Die Generalprobe dazu fand bereits in der Vorwoche vor den Vorschülern im Kindergarten statt. Für alle Beteiligten wird an dieser Stelle auch ein Rückblick des Projektablaufs vorgenommen. Es wurden sehr viele Fotos gemacht, die den Zuschauern präsentiert werden, aber nicht nur die Highlights auch die kritischen Momente werden noch einmal zur Sprache gebracht. So wird das Projekt abgerundet und erfährt einen gebührenden Abschluss. Wie geht es lesetechnisch nun weiter? Die Projektanalyse im Team hat gezeigt, wie sehr die Kinder bei der Arbeit mit anderen Schulstufen gefordert werden und davon natürlich profitieren. Deshalb werden sowohl die erfolgreiche Projektarbeit am Text, als auch das Kooperieren mit anderen Schulstufen als Schwerpunkte der Qualitätsentwicklung in das Schulprogramm aufgenommen.

4. Foto

4

5. Sonstiges

Was möchten Sie uns sonst noch mitteilen?
In unserer 5-klassigen Schule werden drei Klassen zweisprachig, das heißt deutsch-ungarisch geführt. Deshalb haben wir auch ungarische Märchen ausgewählt. Da die englische Sprache in den Medien omnipräsent ist, war es natürlich selbstverständlich auch englische Märchen auf die Leseliste zu nehmen. Mit Hilfe des Internets konnten die Kinder auch die schwierigsten englischen Texte selbst übersetzen. Das Märchenerzählen ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Die jungen, modernen Eltern von heute setzen die Kinder lieber vor den DVD Player. Die Phantasie spielt sich nicht mehr in den Köpfen der Kinder ab. Gerade deshalb waren die Kinder der 3. und 4. Klasse so versessen drauf, Märchen zu hören- es war ihnen nicht peinlich-sondern neu, so neu, dass es interessant war. Dieses Zuhören mit „offenem Mund“-das man oft nur bei Kleinkindern sieht, durften wir nun von der 1. bis zu 4. Klasse erleben. Ja-Es war tatsächlich ein Erlebnis. Kein DVD Player der Welt kann eine Person ersetzen, die so richtig spannend ein Märchen erzählt. Eine Handlung mit Mimik und Gestik, mit tiefer und hoher, leiser und lauter Stimme wiederzugeben, ist für die Kinder etwas Besonderes, da sie es von daheim leider nicht mehr kennen. Und dieses schöne Gefühl konnten sie auch den Erstklässlern weitergeben. Durch lustige Auftragskärtchen (zB Hüpfe wie der Froschkönig den Gang entlang) und das Vorlesen aus kleinen, selbstgemachten Büchlein haben sie den Kleinen vermitteln können, wie schön es ist zu lesen.